Arthrose - der ständige Begleiter

Von schmerzhaften Veränderungen bis zur ganzheitlichen Tierphysiotherapie – Ein Blick auf die häufigste Gelenkerkrankung bei Hunden und Katzen

„Mietzie verschläft fast den ganzen Tag“, „Na Benno, brauchst du heute wieder Hilfe beim Einsteigen ins Auto?“, „Ich habe Tinka schon lange nicht mehr auf ihrem Lieblingsplatz ganz oben auf dem Kratzbaum gesehen“, „Früher hatte Lilly immer viel Spaß beim Toben mit den anderen Hunden. Heute spielt sie gar nicht mehr“. Kommen Ihnen solche Aussagen bekannt vor oder mussten Sie gerade an Ihr eigenes Tier denken? All diese Verhaltensänderungen bei unseren Haustieren können Anzeichen für eine Arthrose sein. Was Arthrose eigentlich ist, wie unterschiedlich sie sich bei Hund und Katze äußert und wie man sie behandeln kann, erfahren Sie hier.

Hunde und Katzen mit schmerzhafter Arthrose verbringen häufig mehr Zeit des Tages mit ruhen und schränken ihre aktive Bewegungszeit deutlich ein. Foto: Madalyn Cox auf Unsplash

Die Arthrose (auch als Osteoarthrose bezeichnet) ist die mit Abstand am häufigsten auftretende Gelenkerkrankung von Hunden und Katzen. Durch den immer weiter fortschreitenden Prozess der Gelenkknorpeldegeneration (Gelenkknorpelabbau durch Verschleiß) geht sie häufig mit chronischen Schmerzen, Bewegungseinschränkungen und Schonhaltung einher. Um die Auswirkungen der Erkrankung auf unsere Vierbeiner zu verstehen, gehe ich kurz auf den Grundaufbau eines Gelenks ein und erläutere die Veränderungen bei der Entstehung einer Arthrose.

Der Aufbau eines Gelenks

Die Knochenenden, die in einem Gelenk aufeinander treffen, sind jeweils mit Gelenkknorpel überzogen. Dieser weist eine extrem glatte Oberfläche auf, wodurch ein reibungsloses und schmerzfreies Gleiten der Knochenenden aufeinander und damit die Bewegung gewährleistet wird. Er wird durch die Gelenkschmiere („Synovia“) mit Nährstoffen versorgt, die gleichzeitig auch als Gleitmittel für die Gelenkbewegung dient. Während der Bewegung wird der Gelenkknorpel wie ein Schwamm im Wechsel zusammengedrückt und wieder entspannt. Während der Entspannungsphase saugt er sich mit Synovia voll und erhält so seine benötigten Nährstoffe.

 

Die regelmäßige Bewegung der Gelenke ist also absolut notwendig, um den Gelenkknorpel ausreichend mit Nährstoffen zu versorgen!

 

Wie sich eine Arthrose entwickelt und die Folgen für das Gelenk

Zunächst kommt es zu einer Aufrauung der eigentlich glatten Gelenkknorpeloberfläche und zum Abrieb kleinster Knorpelteilchen. Dies verursacht in der Regel noch keinen Schmerz, da der Knorpel keine eigenen Nervenzellen besitzt. Gleichzeitig verändert sich die Zusammensetzung der Gelenkschmiere und lässt sie zäher in ihrer Konsistenz werden. Sie verliert damit ihre Funktion als Gleitmittel zwischen den Gelenkflächen und kann den Knorpel schlechter mit Nährstoffen versorgen. Gelenkknorpel ist kein regenerationsfähiges Gewebe, was bedeutet, dass eine Schädigung nicht ausheilen kann. Die Abnutzung schreitet also stets fort. Es entstehen mit der Zeit tiefere Läsionen („Gewebeschädigung“), die einen Entzündungsprozess in Gang setzen. Jetzt spricht man von einer „aktivierten Arthrose“.

Irgendwann liegt dann das eigentliche Knochenende ungeschützt frei und ist der Reibung während der Gelenkbewegung ausgesetzt. Das verursacht Schmerzen und führt zu Umbauprozessen am Knochen selbst. Es entstehen die typischen Knochenwülste, die als Osteophyten oder Exostosen bezeichnet werden. Sie sind ein Versuch des Körpers die geschädigte Gelenkfläche zu vergrößern, um die punktuell wachsende Druckbelastung stärker zu verteilen. Die Osteophyten lassen sich anhand von Röntgen- oder CT-Aufnahmen nachweisen. Bei hochgradiger arthrotischer Gelenkveränderung kann man diese teilweise sogar fühlen.

Der Prozess schränkt die Gelenkmechanik ein und das Gelenk kann schmerzhaft und steif werden. Eine Schonhaltung ist häufig die Folge. Muskelschwund an der betroffenen Gliedmaße, Schwäche, Gang- und Haltungsveränderungen, eine schmerzbedingten Umverteilung des Körpergewichts auf die anderen Gliedmaßen und verspannte Rückenmuskulatur sind nur einige der möglichen Konsequenzen für den Körper.

 

Diese Veränderungen am Gelenk können längerfristig unverändert bleiben oder aber auch in kürzester Zeit massiv voranschreiten. Aber: Die Schwere der Arthrose hängt nicht mit dem Grad der Schmerzhaftigkeit oder der körperlichen Beeinträchtigung zusammen!

 
Ein Hund und  eine Katze liegen zusammengekuschelt auf einem Fliesenboden.

Eine weiche Polsterung an den Ruheplätzen schont die arthrotischen Gelenke von Hunden und Katzen. Foto: Alec Favale auf Unsplash

Ursachen für Arthrose

Bei unseren Katzen lässt sich häufig keine auslösende Ursache feststellen. Es wird von einer sogenannten Primärarthrose gesprochen. Der Körper selbst bildet hier minderwertiges Knorpelgewebe aus, welches zu schnellerem Verschleiß neigt.

Bei Hunden liegt meist eine Sekundärarthrose vor. Es gibt also eine Ursache, die eine Arthrose auslösen kann. Mögliche Ursachen sind:

  • Überbelastung

  • Übergewicht

  • Alterserscheinung

  • Vererbung

  • Fehlentwicklung von Gelenken

  • Wachstums- und Entwicklungsstörungen im Welpenalter

  • Unfälle, Verletzungen oder Operationen

  • Folge entzündlicher Gelenkerkrankung („Arthritis“)

  • Ernährungsstörungen

  • dauerhafte Einnahme bestimmter Medikamente

Woran merke ich, dass mein Hund möglicherweise unter Arthrose leidet?

  • Schmerzen während der Bewegung, die häufig im Ruhezustand vergehen

  • Lahmheit an einer oder mehreren Gliedmaßen

  • Veränderungen des Gangbilds

  • Bewegungsunlust und verminderte Spielfreude

  • Einlaufphänomen

    • der Hund erhebt sich steif aus der Ruheposition

    • es tritt kurzzeitig eine Lahmheit auf, häufig mit kurzen, abgehackten Schritten

    • dann hat sich der Hund eingelaufen und die Bewegung fällt wieder deutlich leichter

  • Springen wird vermieden (ins Auto, auf die Couch, etc.)

  • Treppensteigen wird vermieden

  • Wetterfühligkeit

  • u.v.m

Woran merke ich, dass meine Katze möglicherweise unter Arthrose leidet?

Die Katze leidet nicht seltener unter einer Arthrose als der Hund, auch wenn man kaum etwas darüber erfährt. Studien zufolge sind bis zu 90% der älteren Katzen früher oder später betroffen. Der Unterschied liegt darin, dass Katzen in der Regel nicht so deutliche Symptome zeigen wie Hunde. Eine Erkrankung wird daher oft nicht oder erst sehr spät festgestellt. Erschwerend kommt hinzu, dass sich eine Arthrose über einen längeren Zeitraum entwickelt und sich Symptome und Verhaltensänderungen daher kaum merkbar einschleichen können.

  • Erhöhtes Schlafbedürfnis

  • Häufigeres oder längeres zurückziehen oder Verstecken

  • Ausgeprägte Bewegungsunlust

  • Struppiges, fettiges oder verknotetes Fell durch verminderte Fellpflege, da die betroffenen Katzen in ihrer Bewegungsfähigkeit eingeschränkt sind

  • Schmerzbedingte vermehrte Fellpflege mit schütteren oder haarlosen Stellen oder wunden Hautbereichen („Overgrooming“)

  • Gewichtszunahme durch leicht erreichbares Futter, aber schmerzbedingten Bewegungsmangel

  • Gewichtsabnahme durch nicht mehr gut erreichbare oder erhöht stehende Futternäpfe oder schmerzbedingte Appetitlosigkeit

  • Unsauberkeit

  • Erhöhte Liegeplätze werden gemieden

Weitere schmerzbedingte Symptome und Verhaltensänderungen bei Ihrer Katze entnehmen Sie bitte meinem Journaleintrag „Katzen – Meister der Täuschung

 
Katze liegt auf einem Tisch und entspannt sich

Katzen leiden meistens still, wenn sie Schmerzen haben. Hier ist eine gute Beobachtungsgabe durch den/die Besitzer:in gefragt, um die feinen Verhaltensänderungen zu erkennen und richtig zu deuten. Foto: Nathan Fertig auf Unsplash

Was kann ich als Besitzer:in vorbeugend tun?

Gewichtsmanagement

Nicht immer ist es möglich vorbeugend einzuwirken und die Entwicklung einer Arthrose zu verhindern. Aber unter Umständen kann man den Beginn oder das zu schnelle Fortschreiten hinauszögern. Hierbei ist vor allem auf das Körpergewicht Ihres Hundes und Ihrer Katze zu achten. Übergewicht stellt eine große und unnötige Belastung für die einzelnen Gelenke dar und kann diese vorzeitig verschleißen.

Welpen- und Junghundeaufzucht

Weiterhin ist gerade bei Welpen und Jungtieren großer Rassen (z.B. Maine Coon, Norwegische Waldkatze, Doggen, Neufundländer, Cane Corso, etc.) auf ein gelenkschonendes und langsames Wachstum zu achten, wodurch besonderen Wert auf die Ernährung und die Art der Bewegung zu legen ist.

Rassenprädispositionen

Auch haben bestimmte Hunderassen ein höheres Risiko später im Leben an Arthrose zu erkranken. Hierzu zählen beispielsweise Golden und Labrador Retriever, Dobermann, Rottweiler und der Deutsche Schäferhund.

Hundesport

Aktiver Hundesport sollte erst nach dem Schluss der Wachstumsfugen an den Knochenenden langsam aufgebaut werden, was je nach Hunderasse auch erst ab einem Alter von 1,5-2 Jahren der Fall ist. Auch sollte einem bewusst sein, dass bestimmte Hundesportarten, die viele Renn- und Sprungelemente sowie Richtungswechsel beinhalten, die Gelenke deutlich stärker beanspruchen.

Die Diagnosestellung und Therapie in der Tierarztpraxis

Das Mittel der Wahl, um eine Arthrose zu diagnostizieren sind Röntgen und CT. Hierbei kann auch differenziert werden, ob es sich wirklich um eine Arthrose handelt, oder doch vielleicht eine Entzündung, ein Knochenbruch oder gar ein Knochentumor vorliegt. Wurde eine Arthrose diagnostiziert, heißt das in der Regel eine lebenslange Therapie. Je nach Arthrosegrad und Schmerzzustand kommen operative Maßnahmen (Teil- oder Totalendoprothesen, Gelenkversteifung, Nervendurchtrennung, Goldimplantate), als auch konservative Behandlungen mit einer Schmerzmitteltherapie, Kortisongaben oder intraartikuläre („in das Gelenk hinein“) Injektionen.

Wie kann Tierphysiotherapie meinem Tier helfen?

Tierphysiotherapie kann bei Arthrose an vielen verschiedenen Bereichen ansetzen und ist daher ganzheitlich betrachtet eine sehr gute Ergänzung zur tiermedizinischen Schmerztherapie.

Die Therapieziele im Überblick:

  • Schmerzen lindern

  • Gelenkfunktion optimieren oder wiederherstellen

  • Beweglichkeit und das Körpergefühl verbessern

  • Muskuläre und faszialen Verspannungen und Verklebungen lösen

  • Schonhaltung auflösen

  • Muskulatur erhalten oder wieder aufbauen

  • Körpergewicht optimieren

  • Lebensqualität erhalten oder steigern

Ein kleiner Hund steht mit den Vorderpfoten an einem Pezziball.

Aktive Bewegungstherapie stärkt die gelenkumgebende Muskulatur und gibt ihr Halt. Foto: Jenny Wynes von Feel Pawsome

Je nach Beschwerdebild und der individuellen Konstitution des Patienten stehen verschiedenste Maßnahmen der Behandlung zur Verfügung.

Thermotherapie

Wärme- und Kältetherapie können beide zur Schmerzlinderung eingesetzt werden. Wärme fördert die Durchblutung, löst Verspannungen in der Muskulatur und wirkt beruhigend auf die Psyche. Kälte findet ihren therapeutischen Einsatz bei der Reduzierung akuter Entzündungsreaktionen im Gelenk („aktivierte Arthrose“).

Massagen

Je nach Art haben die verschiedenen Massagetechniken auch verschiedene Wirkungen. Sie können sanft und beruhigend wirken und so Verspannungen lösen und Schmerzen lindern. Anregende Massagetechniken können bestimmte Muskelgruppen wieder reaktivieren, die durch die Arthrose und Gelenksteifheit nur wenig benutzt wurden. Die Durchblutungssteigerung wirkt entschlackend und versorgt das gelenkumgebende Gewebe mit neuen Nährstoffen, wodurch dessen Regeneration unterstützt wird.

Mobilisationstechniken

Durch die schmerzbedingte Schonhaltung versteift nicht nur nach und nach das betroffene Gelenk selbst, sondern führt auch zu einer Minderbelastung der umgebenden Gelenke und Strukturen. Durch verschiedene Mobilisationstechniken werden auch die benachbarten Gelenke sowie die Übergänge der Gliedmaßen zur Wirbelsäule mit behandelt.

Dehnungen

Durch die Arthrose werden Gelenke häufig geschont und daher nicht mehr im vollen Bewegungsausmaß genutzt. Dies führt zu Muskelverkürzungen, die ebenfalls schmerzhaft werden können. Sie verstärken das krankhafte Geschehen im Gelenkbereich, da sie noch weniger Bewegungsausmaß zulassen. Dehnungen helfen hier der Muskelverkürzung entgegenzuwirken und wieder einen größeren Bewegungsradius des Gelenks zu ermöglichen.

Faszienarbeit

Faszien bilden im Körper ein großes Netzwerk aus Bindegewebe, wodurch alle Teile des Körpers miteinander in Verbindung stehen. Sie umhüllen nicht nur unsere inneren Organe sondern auch jeden einzelnen Muskel. Durch Faszien wird alles an seinem angestammten Platz gehalten und gleichzeitig alles gleitbar gemacht, damit Bewegung stattfinden kann. Durch Schonhaltungen können Faszien Verkleben und die Gleitbewegung von Muskeln behindern. Durch verschiedene Techniken können diese gelöst werden. Ein weiterer Vorteil besteht darin, dass durch die Vernetzung auch Patienten geholfen werden kann, die sich vielleicht nicht an bestimmten Gelenken anfassen lassen möchten.

Passive und aktive Bewegungstherapie

Tierphysiotherapie ohne Bewegung ist nicht denkbar. Aktive und passive Bewegungsübungen ermöglichen den Bewegungsradius eines Gelenks langsam zu vergrößern, Muskulatur zu stärken und die allgemeine Beweglichkeit zu verbessern. Das wirkt sich auch positiv auf die Psyche und die Lebensfreude aus…

…denn Bewegung ist der Motor des Lebens!

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