Katzen - Meister der Täuschung

Chronischer Schmerz bei der Katze und warum er so schwer zu erkennen ist.

Die Katze ist und bleibt das beliebteste Haustier der Deutschen. Laut statista.com lebten im Jahr 2022 rund 15,2 Millionen Katzen in unseren Haushalten, wodurch wir die Statistik innerhalb der westeuropäischen Staaten anführen. Dennoch fällt es vielen Menschen schwer zu erkennen, wann ihre Katze Schmerzen hat. Katzen sind meisterhaft darin diese vor ihrem Besitzer zu verheimlichen. Wie Sie die Anzeichen dennoch deuten können und was es dann zu tun gilt, erfahren Sie hier.

 
Eine getigerte Katze mit struppigen Fell und haarlosen Stellen am Bauch.

Struppiges Fell und Overgrooming können Anzeichen von Schmerzen sein. Foto: Hkyu Wu auf Unsplash

Was ist Schmerz?

Schmerz ist zunächst eine vollkommen natürliche und biologische Reaktion des tierischen Körpers. Als unangenehme Wahrnehmung soll er den Körper vor schädigenden Einflüssen von außen und innen warnen. Oft tritt dann eine reflexartige Reaktion auf, wie beispielsweise das ruckartige Wegziehen der Pfote beim Berühren einer heißen Herdplatte. Die Schmerzwahrnehmung und dessen schnelle Verarbeitung durch das zentrale Nervensystem sollen eine stärkere oder gar tödliche Verletzung des Körpers möglichst vermeiden. Schmerz hat also eine Schutzfunktion, ohne die ein Überleben kaum oder gar nicht erst möglich wäre.

Als Sinneswahrnehmung wird Schmerz häufig als stechend, pochend oder brennend beschrieben. Auf der Gefühlsebene kann er quälend und erschöpfend sein, vor allem, wenn er länger andauert und dadurch chronisch wird.

Dieser chronische Schmerz wirkt sich also nicht nur körperlich auf die betroffene Katze aus, sondern hat auch immer eine psychische und emotionale Komponente, die das gesamte Verhalten Ihrer Katze beeinflussen kann.

 

Wie nehmen Katzen Schmerzen wahr?

Mittlerweile hat sich die Wissenschaft darauf geeinigt, dass sich die Sinneswahrnehmungen höherer Säugetiere, zu denen auch unsere Hauskatzen zählen, sich nicht von den unseren unterscheiden dürften. Das bedeutet also, dass Ihre Katze Schmerzreize ähnlich wahrnimmt, wie Sie selbst es tun. Dennoch werden Schmerzen abhängig von der Rasse, dem Geschlecht, dem Alter, der Persönlichkeit sowie der Dauer und Schwere der Erkrankung von jedem Tier individuell und unterschiedlich stark bewertet.

Erschwerend in der Beurteilung, ob Ihre Katze Schmerzen erleidet, kommt ein angeborener Schutzmechanismus hinzu. Ein Tier wird in der Wildnis leicht selbst zur freien Beute, wenn es den eigenen Schmerz nach außen zeigt. Dieses ursprüngliche Verhalten steckt bis heute tief in unseren Hauskatzen verankert. Krankheiten bleiben dadurch häufig lange Zeit im Verborgenen oder werden nur durch Zufall bei einer Routineuntersuchung entdeckt.

Dieses Verhalten unserer Haustiger erschwert nicht nur die Diagnose, sondern verhindert auch die frühzeitige Behandlung der zugrunde liegenden Erkrankung, was schwerwiegende Folgen für seine Gesundheit haben kann. Umso wichtiger ist es daher, dass Sie Ihre Katze gut beobachten und sich auch feinste Verhaltensänderungen bewusst machen.

 

Wie zeigen Katzen, dass sie Schmerzen haben?

Katzen zeigen häufig nur sehr subtil wahrnehmbare Verhaltensänderungen. Beispielsweise schlafen sie mehr als früher, oder verbringen mehr Zeit in ihren Verstecken. Auch kann es sein, dass Ihre Katze nicht mehr so lange spielt oder mehr Kontakt zu Ihnen sucht. Lahmheiten bleiben häufig unentdeckt, da Stubentiger wahre Meister darin sind, ihr Bewegungsmuster an ihre Erkrankung anzupassen. Diese und andere Verhaltensweisen schleichen sich teilweise nur sehr langsam ein, sodass häufig nicht von einem Schmerzgeschehen ausgegangen wird. Das fortgeschrittene Alter muss häufig als Ursache herhalten. Altern ist aber keine Krankheit, sodass sich hier eine genauere Forschung nach der Ursache empfiehlt.

Auch in der tierärztlichen Praxis gilt es genau hinzuschauen. Es ist nicht immer einfach zu unterscheiden, ob Ihre Katze gerade eine Stress-, Angst- oder Schmerzreaktion zeigt. Teilweise bleibt nur die Möglichkeit einer diagnostischen Therapie mit einem Schmerzmittel, um herauszufinden, ob Schmerzen hinter der Verhaltensänderung stecken.

 

Mögliche Verhaltensänderungen Ihrer Katze bei Schmerzen:

Allgemein:

  • Vermehrt ängstliches oder aggressives Verhalten

  • Erhöhtes Schlafbedürfnis

  • Häufigeres oder längeres Zurückziehen oder Verstecken

  • Vermehrte Kontaktaufnahme zum Besitzer

  • Vermehrte Lautäußerungen

  • Struppiges, fettiges oder verknotetes Fell durch verminderte Fellpflege

  • Zusammengekniffene Augen, hängende Ohren, geduckte Körperhaltung

  • Vermehrte Fellpflege mit schütteren oder haarlosen Stellen oder wunden Hautbereichen ( „Overgrooming“)

  • Gewichtsabnahme (z.B. durch nicht mehr gut erreichbare oder erhöht stehende Futternäpfe, oder schmerzbedingte Appetitlosigkeit)

  • Gewichtszunahme (z.B. durch leicht erreichbares Futter, aber schmerzbedingten Bewegungsmangel)

  • Erhöhte Liegeplätze werden nicht mehr aufgesucht

  • Der Kratzbaum oder Klettermöglichkeiten werden kaum oder gar nicht mehr benutzt

  • Weniger Spielbereitschaft

  • Bestimmte Bewegungen werden vermieden (springen, rennen,…)

  • Gehen von Umwegen (z.B. statt zu Springen werden mehrere Zwischenstufen benutzt, um an das eigentliche Ziel zu gelangen)

  • Bestimmten Berührungen wird ausgewichen, weil dabei Schmerz entsteht oder erwartet wird

  • Unsauberkeit

    • der Rand der Katzentoilette ist zu hoch und kann nicht mehr schmerzlos bewältigt werden

    • während des Absetzens von Kot oder Urin entstehen Schmerzen, die mit der Toilette verknüpft werden, es entsteht ein Meideverhalten

    • der Weg zur Katzentoilette ist zu weit

Soziale Interaktionen:

  • Veränderung in den sozialen Verhaltensweisen

    • weniger oder keine Spielbereitschaft

    • weniger oder kein Kontaktliegen mehr

    • weniger oder keine soziale Fellpflege

    • der Kontakt zu den anderen Katzen wird vermieden

  • Veränderung in der Gruppenstruktur

    • die Katze wird plötzlich von der/ den anderen gemobbt oder gemieden

    • ängstliches oder aggressives Verhalten gegenüber den anderen Katzen

 

Eine Arthrose Ihrer Katze bleibt häufig unentdeckt

Chronische Schmerzen Ihrer Katze können vielerlei Ursachen haben. Hierbei kommen einem Erkrankungen der Zähne und der Maulhöhle, Organerkrankungen, Infektionserkrankungen oder tumoröse Geschehen zuerst in den Sinn.

Eine sehr häufig auftretende chronische Erkrankung des Bewegungsapparates bleibt jedoch häufig ungenannt. Die Arthrose.

Arthrose ist eine degenerative („durch Verschleiß bedingte“) Erkrankung der Gelenke mit zum Teil schmerzhaften Veränderungen am Gelenkknorpel, der Gelenkkapsel und den knöchernen Gelenkpartnern. Bei meist älteren Hunden wird diese Gelenkerkrankung häufig diagnostiziert und behandelt. Sie zeigen beispielsweise Symptome wie Lahmheit, Schonhaltung, Verkürzung der Schrittlänge oder auch Anlaufschmerz.

Die Katze ist davon nicht seltener betroffen als der Hund. Studien zufolge geht man davon aus, dass bis zu 90% der älteren Katzen davon früher oder später betroffen sind. Der Unterschied ist jedoch, dass die Katze in der Regel nicht so deutliche Symptome wie der Hund zeigt und die Erkrankung daher oft nicht oder erst sehr spät festgestellt wird. Erschwerend kommt hinzu, dass sich eine Arthrose über einen längeren Zeitraum entwickelt und sich Symptome und Verhaltensänderungen daher kaum merkbar einschleichen können.

Eine rotgetigerte Katze sitzt fauchend auf einer Mauer.

Schmerzen können sich auch in aggressiven oder ängstlichen Verhalten äußern. Foto: Alex Greenberg auf Unsplash

 

Das Schmerzgedächtnis und wann mit Schmerztherapie begonnen werden sollte

Lang anhaltende, sich häufig wiederholende oder sehr intensive Schmerzerfahrungen bewirken nachweislich eine strukturelle, funktionelle und biochemische Veränderung im zentralen Nervensystem. Das sogenannte Schmerzgedächtnis entsteht. Dieses Schmerzgedächtnis bewirkt eine Sensibilisierung der Schmerzrezeptoren des Körpers, was bedeutet, dass diese noch empfindlicher auf Schmerzreize reagieren. Es kommt zu einer generell erhöhten Schmerzempfindlichkeit, die auch als „Hyperalgesie“ bezeichnet wird. Diese Sensibilisierung kann soweit voranschreiten, dass eine sogenannte „Allodynie“ entsteht. Hierbei wird sogar Schmerz von Ihrer Katze empfunden, obwohl der Reiz normalerweise keinen Schmerz verursachen würde, wie zum Beispiel eine leichte Berührung.

Selbst wenn also die eigentliche Ursache des Schmerzes beseitigt wurde, kann Ihre Katze trotzdem schon auf eine leichte Berührungen aggressiv, ängstlich oder gestresst reagieren. Angst und Stress wiederum verstärken wiederum das Schmerzempfinden. Ein Teufelskreis aus chronischen Schmerzen, Angst und Stress entsteht.

Zeigt Ihre Katze ein oder mehrere Symptome der oben genannten Verhaltensänderungen? Dann sollten Sie zeitnah einen Termin in der Tierarztpraxis Ihres Vertrauens vereinbaren und Ihre Katze auf chronische Schmerzen und Ihre möglichen Ursachen untersuchen lassen.

 

Tipp: Grundsätzlich sollte mit einer angepassten Schmerztherapie immer so früh wie möglich begonnen werden! Je länger Schmerzzustände unentdeckt und unbehandelt bestehen bleiben, desto schwieriger ist es, diese erfolgreich zu therapieren.

 

Wie kann Tierphysiotherapie Ihrer Katze helfen?

Gerade bei chronischen Schmerzen des Bewegungsapparates kann Tierphysiotherapie eine gute und sinnvolle Unterstützung für Ihre Samtpfote sein. Hierbei stehen verschiedenste therapeutische Maßnahmen zur Verfügung, um beispielsweise schmerzhafte Verspannungen und Verklebungen des Gewebes zu lösen, die Gelenkbeweglichkeit Ihrer Katze zu verbessern oder ihre Psyche positiv zu beeinflussen.

Ich erstelle nach dem Kennenlernen und der Erstuntersuchung gern ein individuelles Behandlungskonzept für Ihre Samtpfote, damit sie ein möglichst langes, beschwerdefreies Leben führen kann. Denn nicht weniger hat sie verdient!

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